Maik Gräf

Fotoarbeit (Serie) (2018-2021)
analoge/digitale Fotografien, Silbergelatineabzüge und C-Prints

Seit 2017 beschäftigt sich meine fotografisch-künstlerische Arbeit mit den Themen queerer Subjektivität, Empfindsamkeit und Melancholie. Die Arbeiten bilden untereinander ein Netz und sind über ihren emotional-subjektiven Zugang miteinander verknüpft und sprechen von Themen körperlicher und emotionaler Empfindung. Mein Ziel ist es, in den Betrachtenden ein Gefühl hervorzurufen und ebenfalls über die Verwendung des Materials den Aspekt Verletzbarkeit zu transportieren. Basierend auf dem Verständnis von Fotografie als sensiblem Medium, bilden die empfindlichen Oberflächen der analogen Fotografie die Arbeitsgrundlage, die für mich ebenso angreifbar sind wie die menschliche Haut. Mitunter arbeite ich mit veraltetem fotografischen Material, welches ungeplant reagiert und eine Ästhetik der Imperfektion entstehen lässt. Trotz der technischen Raffinesse des Mediums Fotografie, versuche ich immer eine gewisse Handschrift, die Geste meiner Hand, einzubringen, welche mehr als ein rein technischer Abzug ebenfalls Ideen und Elemente von Malerei und Bildhauerei in sich vereint. Durch die Handhabung in der Dunkelkammer, mittels Lichteinschlüsse oder Solarisationen, entstehen malerische Effekte, besondere Farben und Papieroberflächen.

Meine poetisch-sensiblen Bildwelten stellen sich entwaffnend dar und wollen das Gegenüber berühren, angreifen, einen Stich und eine Wunde hinterlassen, ganz im Sinne von Roland Barthes berühmter Theorie des ‚punctums‘. Die höchst empfindsame Fototheorie von Roland Barthes übertrage ich auf die Ebene queerer Empfindsamkeit und melancholischer Weltanschauung.

Text: Maik Gräf


Eva Gentner

aus der Serie Boobs (2021)
Gemälde, Öl auf Leinwand
33 × 23 × 5 cm

o.T., 2021
Digitaldruck auf transparenter Seide, Stahlnägel, Magnete
(Edition 1/6), ca. 123 × 90 cm

“Die beiden eingereichten Arbeiten sind während meines Stipendienaufenthalts an der Cité internationale des arts in Paris im vergangenen Winter entstanden. In meinen ersten Wochen in Paris waren auf Grund eines ‘harten Lockdowns’ Kirchen die einzigen öffentlich zugänglichen Räume. Daraufhin habe ich in den Wintermonaten zahlreiche Spaziergänge von Kirche zu Kirche unternommen. In den meisten Fällen habe ich die – normalerweise von Touristen überfüllten – Räume leer aufgefunden.

Aus diesem Eindruck heraus sind zwei Kunstwerke entstanden: ein auf transparenter Seide gedruckter Fotoprint einer Nische (der Kirche Saint-Julien-le-Pauvre) und ein
kleines Ölgemälde einer weiblichen Brust. Die dargestellte Nische im Kircheninnenraum diente der privaten Andacht oder kleiner Heiligenkulte und wird heute nicht mehr genutzt. Die weibliche Brust bezieht sich auf das Bildmotiv der „Maria lactans“: die einzelne weibliche Brust steht in der christlichen Symbolik hier für die Heilsuche und Erlösung, die stillende Gottesmutter als Fürbitterin und die Gabe von Muttermilch als Vermittlung der Lehre Gottes. Die Rezeption/Auffassung von Weiblichkeit fern eines sexuellen Kontexts sowie der Möglichkeitsräume der privaten Andacht sind wieder großer Teil unserer aktuellen gesellschaftlichen Debatten geworden.

Als besonders „vulnerabel“ scheinen mir in diesem Kontext diese beiden christlichen, bereits vor Jahrhunderten geschaffenen, jedoch heute in Vergessenheit geratenen Formen.”

Text: Eva Gentner


Dominik Geis

Found-Footage-Videocollage (31:20 min) (2020)

Im Laufe seines Lebens wird jeder mit der Frage nach der eigenen Verletzlichkeit sowie jenerder anderen konfrontiert. Physische und psychische Verletzungen sind unvermeidlicher Bestandteil jeder menschlichen Existenz. Sie hinterlassen Narben, Kerben, Prägungen oder wie es die Alten Griechen nannten: charaktḗr (χαρακτήρ). Es sind diese Prägungen, die uns zu denen machen, die wir sind. So beschäftigt sich die Found-Footage-Videocollage STIGMA mit eben den Verletzungen, die aus zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen resultieren.
Jede Kultur entwickelt Methoden, um mit diesen umzugehen. Dazu gehören rituelle und therapeutische Ansätze der Seelsorge, aber auch das Betäuben von Gefühlen durch z.B. Drogen, Medikamente und Alkohol. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Sigmund Freud die sogenannte Redekur zur Behandlung seelischer Notstände, die wir bis heute als Psychoanalyse kennen. Die in Bild-Ausschnitten gezeigte Form dieser Therapie will allerdings nicht das Leiden des Einzelnen aus-, sondern den Versuch des Verstehens darstellen.
STIGMA entwirft ein Referenzgeflecht rund um das Thema ‚psychischer Stigmata‘, das Empathie als Möglichkeit ins Zentrum stellt und ihre Wirkmächtigkeit demonstriert.
Die Bilder für dieses Werk wurden aus ihren ursprünglichen Kontexten, den originalen Film- und Videomaterialien, herausgetrennt und neu arrangiert. Mit rhythmischen Schnitten zu selbst komponierter Musik entwickelt Dominik Geis eine dynamische Dramaturgie. Mittels Collagen, Reihungen, sich wiederholender Sequenzen und Loops, erzeugt die Arbeit einen Sog, der den Betrachtenden „ins Bild holt“ und so – empathisch – teilhaben lässt. Zu Beginn dieser Videoarbeit sagt eine Stimme: „Feeling is one language common to all men.“ Der Mensch ist ein fühlendes Wesen. Das Fühlen eint uns in dem Maße, wie der unterschiedliche Umgang mit Gefühlen die Macht hat, uns zu trennen. Stigmatisierung macht einsam, Empathie hat die Kraft zu verbinden.

Text: Dominik Geis


Sarah Degenhardt

Audiovisuelle Installation (2020)
Projektion auf schwarze Raufasertapete
(5:46 min) (Loop)

Ausgangspunkt der Arbeit SUBSTITUTE ist eine Wandstruktur, die je nach Wand auf die sie projiziert wird, erneut adaptiert wird. Die Struktur einer Raufasertapete wird zur Oberflächen-Textur eines animierten Kubus, der als projizierte Fläche dem ursprünglichen Raum wieder eingesetzt wird, und damit zum Substitut wird. SUBSTITUTE ist eine Reise ohne Schnitt, durch Landschaftserfahrungen in einem digitalen und abstrakten Raum. Fluktuationen zwischen Mikro- und Makro-Perspektiven nehmen Bezug auf die Beziehung Mensch / Natur, und zu unserem vulnerablen Planeten.

Die Veränderungen in unserer Umwelt sind langsam und schwer wahrzunehmen, aber stetig und kaum rückgängig zu machen. Durch die Verwendung extremer Langsamkeit in der Arbeit wird auf diese Weise nicht nur auf diesen Fakt hingewiesen, sondern auch ein Kontrast gebildet zu den schnellen Bildern und Imperativen, von denen wir in unserem täglichen (Medien-) Leben umgeben sind.
Die Arbeit stellt dabei Fragen zu unserer Verortung gegenüber unserer Umgebung, sowie zu unserem Planeten. Wie nehmen wir die Natur wahr? Sehen wir in erster Linie ihre Vulnerabilität? Oder nehmen wir sie als etwas Übermächtiges wahr, dem eine große Zerstörungskraft innewohnt?

Angelegt als eine großformatige audiovisuelle 1-Kanal-Installation, fügen sich die Dimensionen der Projektion mit den Erkundungen stetiger Beats und sich transformierender Klangteppiche zu einer
physischen Erfahrung zusammen.


Seonah Chae

Zeichnung / Serie (2020/2021)
Tinte auf Karte auf Stahlrahmen
jeweils ca. 110 × 85 × 2.5 cm

Diese Werkserie besteht aus sieben Zeichnungen, die mit Tinte auf alte Landkarten gezeichnet wurden. Sie sind teilweise fast 100 Jahre alt, daher vergilbt, gefaltet und verschlissen. In dieser Arbeit widme ich mich einer Fragestellung der Relation zwischen Menschen, Raum und Identität. Wie Menschen ihre Sphäre des Raumes definieren und infolgedessen wie unsere Identität durch Orte entsteht.

In dieser Arbeit habe ich mich mit der dynamischen Interaktion zwischen nomadischer Bewegung und einem Territorium der Sesshaften künstlerisch auseinandergesetzt. In diesem Prozess sehe ich den Zusammenstoß zwischen Fremdem und Einheimischem, welcher wiederum zu einem andauernden Erneuern führt. Wie wir in der Geschichte sehen können, bestand unsere Welt aus Nomaden und Siedlern – sie sind sich gegenseitig ergänzende Faktoren, die die Welt dynamischer und kreativer machen.

Text: Seonah Chae


Vlad Lucian Brăteanu

Skulptur (2020)
Fundstücke, jeweils 20 × 15 × 35 cm

On 22nd March 2020, I had the most brutal wakeup on my birthday at 6:24 am CET, coming from 5 km underneath the earth. Zagreb was hit by an earthquake of the magnitude 5.3 that shook the whole city amidst the Covid-19 lockdown and left it in a state of despair. Buildings had collapsed, cars were wrecked, debris everywhere. It looked like a war zone with an unpredictable enemy holding the city’s fate in its hands. In between, people in their pyjamas running out of their homes, gathering on the streets, confused, panicked, frightened. I ran out of my apartment right as the aftershock shook Zagreb once again. None of us knew where to turn to, where to seek shelter, how to handle the situation.
Until that morning, isolation and withdrawal were the behaviour the government had enacted. Suddenly, the pandemic was pushed to the background and angst came to the fore. A return to normal conditions now seemed even less likely. We were faced with the double burden of handling the collapse of our city whilst dealing with issues stemming from the Covid-19 situation.
Therefore, I decided to hand-pick 34 pieces that had fallen off; relicts of a close and intact past. They once were elements within a strict hierarchy of the historical revival of the 19th century but now without each other they have no meaning. Instead, they are like mixed up words, without syntax. They are the piles of a new yet unfamiliar reality; layers of different times composited out of tiles, bricks, moulding and glass.

The four pillars function as an attempt to reconstruct, to reconstitute and thus, reconnect a former status quo with a new form of being. Like a pandemic, an earthquake descends upon people, reshaping life and forcing us to reconsider social interaction. The series of sculptures is scrutinising the subject matter of home and hierarchy by balancing the found debris whilst invoking questions of fragility, solidarity, precarity and connectedness in crisis situations.

Text: Vlad Lucian Brăteanu


Katarina Baumann

Installation (2021)
Text / Digitaldruck auf PVC
250 × 500 cm

Die Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Theologie wurde in meiner Arbeit immer gewichtiger. Aus der Erfahrung der Unumgehbarkeit von theologischen Ansichten im Kontakt mit Kunst erwuchs für mich die Frage: Ist sie Teil der künstlerischen Tätigkeit? Und in wie fern betrifft diese Korrelation mich heute noch?

Ich begann eine Recherche über das Kunst-Theologie-Verhältnis. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, beide Felder zusammen zu denken, stieß ich auf einen Entwurf von Bazon Brock, der mir sehr hilfreich erschien. Brock zeichnet eine Verwandtschaft anhand von gemeinsamen Begriffen und ihrer Geschichte nach. Ich transkribierte das Streitgespräch aus dem Jahr 2007, in dem er diesen Entwurf öffentlich vorstellt. Es ist ein fragmentarisches Transkript, ich greife deutend ein, da ich lediglich die Teile stehen lasse, die den Entwurf seiner Kunsttheologie betreffen. Ich ging der Idee der gemeinsamen Begriffe weiter nach, und transformierte den Entwurf insofern, dass ich dazu überging, allgemein nach Begriffen zu suchen die ich in den Äußerungen von TheologInnen und KünstlerInnen wiedergefunden habe. Es entstand ein Glossar von gemeinsamen Begriffen, die ich dann nach meinen Sinnkriterien neu anordnete und in Verbindung setzte. Die einzelnen Begriffe werden großteils begleitet von Fragmenten, denen ich aus dem Meer an Wissen zu dieser Thematik gegenüber stand. Diese Fragmente wählte ich nach drei Kriterien aus:

a) Fragmente, die eine theologische Verwendung des Begriffs dokumentieren
b) Fragmente, die neue Perspektiven für mich auf den Begriff eröffneten und
c) Fragmente, die meine Vorstellungen von den Begriffen und ihrer Bedeutung unterstreichen.

Diese textliche Arbeit ist eine ausdrücklich subjektive. Immer aus meiner Arbeit heraus formuliert, versuche ich, mich zu diesem Sachverhalt innerhalb meiner künstlerischen Tätigkeit zu positionieren. Der Text setzt sich aus verschiedenen Textarten zusammen. Frei formulierte Teile, Zitate, ein vollständiger Essay von Georges Didi-Hubermann, das veränderte Transkript des Disputs zwischen Bacon Bock und dem Theologen Friedrich Wilhelm Graf, ein von mir entwickelter Glossar sowie Wörterbucheinträgen.
Auch wenn der Text formal den Kriterien einer Wissenschaftlich angelegten Arbeit entspricht, erweist er sich selbst als ein innerer Monolog, der seinen eigenen Sinn-Zusammenhängen folgt.

Text: Katarina Baumann


Christopher Amm

Installation (2021)
24 Lithografien, je ca. 10 × 15 cm
Fresko aus Kalkputz, Pigment, ca. 160 × 60 cm
Transportables Fresko, Stahl, Glasfaser, Kalkputz, Pigment, 71 × 61 cm

Die Arbeit besteht aus drei Teilen: einer Bildrecherche, einer Wandarbeit und einem beweglichen Fresko.

1. Eine Sammlung von Bildern, die Verletzungen thematisieren: Gewalt, Verfolgung, Armut, Ungleichheit, Kranksein und Sterben. Und den Umgang damit: Anteilnahme, Empfindsamkeit, Trauer – aber auch Gleichgültigkeit, Ablehnung und Hass.
Alle Abbildungen sind Lithografien (Handabzüge) und daher seitenverkehrt und verfremdet. Das Druckverfahren selbst ist durch die Verletzung des Steins durch Säure bedingt.
Bildquellen sind u.a. Edouard Manets Erschießung von Kaiser Maximilian, Fotografien aus der Ausstellung die Verbrechen der Wehrmacht und der Exekution von Mitgliedern der Groupe Manouchian, ein Portrait von Olga Bancic mit ihrer Tochter Dolores, der sterbende Lew Trotzki, die Impfung eines Kindes (Detroit Industrial Mural) von Diego Rivera, Julio Antonio Mella auf dem Totenbett fotografiert von Tina Modotti, das zaristische Panzerschiff berühre mich nicht, eine Szene aus dem Film I, Daniel Blake von Ken Loach, die sterbende Valentine Godé-Darel von Ferdinand Hodler und die Beweinung Christi von Andrea Mantegna.

2. Eine monochrome Fläche, die als Fresko aufgebaut ist, für die Ausstellungsdauer hergestellt und anschließend zerstört wird. Wandmalerei steht immer in einer Beziehung zum Ort ihrer Entstehung und ist an dessen Fragilität in der Zeit gebunden.
Die Ausführung im Ausstellungsort ist bedingt durch die Licht- und baulichen Verhältnisse und kann sich daher anders gestalten als im Katalog abgebildet.

3. Ein transportables Fresko. Dieses Medium ist während des Malprozesses sehr empfindlich, da sich die Haut aus Kalksinterwasser, welche später die Farbpigmente an die Oberfläche bindet, erst noch bilden muss. Selbst behutsam vorgenommene Pinselstriche und Markierungen prägen sich unmittelbar ein wie Fingerabdrücke.
Die Bildidee lehnt sich an Sorrow, eine Zeichnung von Vincent van Gogh an. Der Komposition sind mehrere Zeichnungen mit einem Modell vorangegangen.

Text: Christopher Amm


Alina Röbke

Malerei (Triptychon) (2021)
Tusche auf Baumwolle
jeweils 280 × 230 cm

Für mich ist die Arbeit ein formal umgesetzter Erfahrungsbericht. Meine Hand hinterlässt eine schwarze Spur auf dem Stoff, formt Linien, Linien formen Buchstaben, Buchstaben formen Wörter und diese wiederum provozieren Vorstellungen, die an Narrative geknüpft sind. Als Theologin, Künstlerin und im Privaten finde ich diese drei Narrative in der Bibel bis hin zur zeitgenössischen Popkultur. Gibt es eine Erzählung über eine Frau, ist es immer auch eine Erzählung über Mütter, Jungfrauen oder Huren.

Beispiele sind die erzählten Geschichten über Eva als Urmutter, die lange kinderlose Sara, die Jungfräulichkeit Mariens, das „Hurenweib“ des Hosea oder Rahab als hilfsbereite Prostituierte. Die Wirkmacht dieser Frauenbilder lässt sich bis heute feststellen. Paradebeispiel dafür sind die drei besten Freundinnen des Hauptcharakters in der Serie Sex and the City: Miranda, eine omnikompetente Juristin, die ihr Leben für ihren Sohn auf den Kopf stellt; die schamvolle Charlotte aus gutem Hause auf der Suche nach dem perfekten Ritter; Und schließlich Samantha, die gerne und freizügig von ihren sexuellen Eskapaden berichtet.
Die Dominanz dieses Musters erlebe ich alltäglich. Die Vorstellungen hinter diesen drei Wörtern sehe ich, als Mensch mit weiblichem und dementsprechend gelesenem Körper, in so vielen Momenten und zwischenmenschlichen Situationen auf mich projiziert: Als „Mutter“ – die Kümmernde, Nährende; Als „Jungfrau“ – die zu Beschützende, Unberührte; Als „Hure“ – die zu Benutzende, zu Besitzende. Obwohl diese drei Rollen per se auf keinen Fall negativ zu bewerten sind, ist die Reduktion darauf – die Unsichtbarmachung von allem anderen, was ich noch sein könnte, sein will – und die damit einhergehende Funktionalisierung als Frau schmerzhaft. Alle drei Rollen sind mit einer Art Selbst- und damit auch Willenlosigkeit verbunden und sind unweigerlich auf ein (meist männliches) Gegenüber ausgerichtet. Die Verletzung erfolgt durch das Absprechen dieses eigenen Willens, durch das Überhörtwerden. Daher sehe ich die Entscheidung, diese drei Worte von der Kleinheit einer Handschrift zu befreien und wiederholt in ein raumfüllendes Format zu setzen, als eine Aneignung, die sie unübersehbar macht. Ich eigne mir das Narrativ der Mutter, Jungfrau und Hure und das damit von mir gezeichnete Bild eines Individuums in Gesellschaft und Religion an und finde in dieser Verletzlichkeit Stärke.

Text: Alina Röbke


Kriz Olbricht

Installation (2019)
Stahl, fünfteilig, je 15 × 10 cm, Ø ca. 3 cm
auf der Wand ca. 10 × 100 cm

Aus Betonstahl geschmiedete Trennkeilgarnituren, im Abstand einer Handspanne in die Wand
eingeschlagen. Der Titel verweist auf die antike Sage und deren früheste schriftliche Schilderung in Ovids Metamorphosen. Das Material besteht aus Armiereisen, welches im eigentlichen Sinn die Zugspannungen in Beton ausgleicht.

Text: Kriz Olbricht