Malerei (Triptychon) (2021)
Tusche auf Baumwolle
jeweils 280 × 230 cm

Für mich ist die Arbeit ein formal umgesetzter Erfahrungsbericht. Meine Hand hinterlässt eine schwarze Spur auf dem Stoff, formt Linien, Linien formen Buchstaben, Buchstaben formen Wörter und diese wiederum provozieren Vorstellungen, die an Narrative geknüpft sind. Als Theologin, Künstlerin und im Privaten finde ich diese drei Narrative in der Bibel bis hin zur zeitgenössischen Popkultur. Gibt es eine Erzählung über eine Frau, ist es immer auch eine Erzählung über Mütter, Jungfrauen oder Huren.

Beispiele sind die erzählten Geschichten über Eva als Urmutter, die lange kinderlose Sara, die Jungfräulichkeit Mariens, das „Hurenweib“ des Hosea oder Rahab als hilfsbereite Prostituierte. Die Wirkmacht dieser Frauenbilder lässt sich bis heute feststellen. Paradebeispiel dafür sind die drei besten Freundinnen des Hauptcharakters in der Serie Sex and the City: Miranda, eine omnikompetente Juristin, die ihr Leben für ihren Sohn auf den Kopf stellt; die schamvolle Charlotte aus gutem Hause auf der Suche nach dem perfekten Ritter; Und schließlich Samantha, die gerne und freizügig von ihren sexuellen Eskapaden berichtet.
Die Dominanz dieses Musters erlebe ich alltäglich. Die Vorstellungen hinter diesen drei Wörtern sehe ich, als Mensch mit weiblichem und dementsprechend gelesenem Körper, in so vielen Momenten und zwischenmenschlichen Situationen auf mich projiziert: Als „Mutter“ – die Kümmernde, Nährende; Als „Jungfrau“ – die zu Beschützende, Unberührte; Als „Hure“ – die zu Benutzende, zu Besitzende. Obwohl diese drei Rollen per se auf keinen Fall negativ zu bewerten sind, ist die Reduktion darauf – die Unsichtbarmachung von allem anderen, was ich noch sein könnte, sein will – und die damit einhergehende Funktionalisierung als Frau schmerzhaft. Alle drei Rollen sind mit einer Art Selbst- und damit auch Willenlosigkeit verbunden und sind unweigerlich auf ein (meist männliches) Gegenüber ausgerichtet. Die Verletzung erfolgt durch das Absprechen dieses eigenen Willens, durch das Überhörtwerden. Daher sehe ich die Entscheidung, diese drei Worte von der Kleinheit einer Handschrift zu befreien und wiederholt in ein raumfüllendes Format zu setzen, als eine Aneignung, die sie unübersehbar macht. Ich eigne mir das Narrativ der Mutter, Jungfrau und Hure und das damit von mir gezeichnete Bild eines Individuums in Gesellschaft und Religion an und finde in dieser Verletzlichkeit Stärke.

Text: Alina Röbke