Materials Reloaded

Harald Fuchs, ein renommierter zeitgenössischer Künstler, arbeitet in seinen Installationen mit Licht und Videos, Klängen und Projektionen. Seine Arbeiten spielen mit Assoziationen und bringen religiöse und wissenschaftliche Annäherungen an die Welt ins Gespräch. In Rottenburg zeigt er nun zwei Installationen, eine im Diözesanmuseum, eine in der Zehntscheuer.

Spiegelungen des Heiligen

Installation im Diözesanmuseum

Ausgehend von den Reliquiaren im Diözesanmuseum zeigt Fuchs, dass die Behältnisse immer noch eine Aura des Heiligen und Überirdischen besitzen: eine transzendente Wirkung, die der Künstler in zeitgenössische Ausdrucksformen überträgt. Das Faszinierende an Reliquien ist ihre Ambivalenz: Reliquiare verhüllen und präsentieren gleichermaßen. Fuchs lässt sich von der Transparenz, dem Atmosphärischen der Objekte inspirieren – und auch von den Resten vergänglicher Materie, die manche von ihnen noch beherbergen.

Zu einer Installation aus Glas und Licht zeigt Fuchs ein Video, das einen anderen Bereich traditioneller Frömmigkeit aufgreift, die Prozessionen der Semana Santa in Malaga. Die visuell-auditiven Eindrücke dieser religiösen Praxis hat Fuchs in eine Klanginstallation transformiert.

444 zerfaserte Erinnerungen

Installation im Kulturzentrum Zehntscheuer

Ganz anders, schockierend, direkt verdeutlicht sich die Ausdruckskraft von Lebensspuren im Ausstellungsbereich des Kulturvereins in der Zehntscheuer. Ausgangspunkt hierfür ist die Kleidung von 5.400 Tutsi, die während des Bürgerkrieges in Ruanda in einer Kirche erschlagen wurden. Harald Fuchs war dort und sammelte einige Faserreste der dort noch hängenden Kleidungsstücke vom Boden auf. Diese halbzerfallenen Originalreste fixiert Fuchs in Diarahmen und projiziert sie auf große Flächen.

Die Installation bietet dem Betrachter zugleich eine eigene ästhetische Erlebniswelt. Die Besucher umfängt eine Raum- und Klanggestaltung mit übergroßen grafischen Flächen eigener Schönheit. Aber wie im Falle der Heiligenreliquien führen die Fasern das Unfassbare und Unsagbare vor Augen: Sie sind tote Materie und doch sprechende Zeugnisse grausam verstorbener Menschen. Sie stehen für Tod, für Gewalt, für Verlust und Schmerz, aber auch für die Hoffnung und die eindringliche Mahnung.

Begleitprogramm

Bilder zur Ausstellung