Moritz Urban

Installation / Intervention (2021)
Ripstop-Nylon, Sandsäcke, Gebläse mit Timer
2000 × 250 × 50 cm

„Fort Comfort“ ist eine urbane Intervention, die einen hochfrequentierten Ort temporär in zwei Flächen unterteilt. Ein etwa 20 Meter langer Zaun aus Ripstop-Nylon türmt sich einmal alle ein bis zwei Minuten auf und eignet sich einen Raum an. Wenige Sekunden später wird der Luftstrom unterbrochen und die stramm stehenden Pfeiler der textilen Barriere sacken kraftlos in sich zusammen.

Was zunächst aussieht wie ein riesiges Spielzeug, ist eine Konfrontation mit einer willkürlich gezogenen physischen Grenze, die plötzlich und wie aus dem Nichts erscheint. Durch die Übersetzung in ein textiles Objekt wird der Zaun seiner Festigkeit und Undurchlässigkeit beraubt. Er wird fragil und vulnerabel, was sich besonders zeigt, wenn der Luftstrom unterbrochen wird und er seine Statik verliert. Die Installation lädt dazu ein, sich in Bezug zu ihr zu setzen. Manche positionieren sich diesseits, andere jenseits der durchlässigen Grenze. Dabei passiert es ironischerweise, dass man zu den Menschen auf der anderen Seite eine Verbindung sucht, solange der Zaun da ist, aber nichts mehr mit ihnen anfangen kann, sobald er verschwindet.

Zäune sind Grenzen, die Menschen aus verschiedenen Gründen errichten. Häufig spielt dabei ein Schutzbedürfnis eine große Rolle. Die meisten dieser Grenzen sind unsichtbar und befinden sich im Zwischenmenschlichen. Zäune sind der physische Ausdruck einer Angst vor Verwundbarkeit. Doch was passiert, wenn die Komfortzone verlassen und Grenzen abgebaut werden? Ist die Angst vor Verwundbarkeit gerechtfertigt oder ist das Zeigen dieser Verwundbarkeit nicht letztlich eine Stärke? Die Installation lässt sich als Metapher für die Grenzen des Zwischenmenschlichen, aber auch ganz wortwörtlich als entzweiende physische Barriere lesen. Sie stellt die Frage danach, wie begründet unsere Angst vor Verwundbarkeit ist und wo ein Zaun wirklich Sinn macht. Wie sehr beschränkt unser eigenes Schutzbedürfnis das von anderen?

Text: Moritz Urban


Nadjana Mohr

Performance (2021)
Vinyl, Gips, Leinen
4 Anzüge, Körpergrößen 160 cm – 190 cm

Ich verorte meine Position zwischen dem Senden und dem Empfangen von Impulsen, welche aus der Auseinandersetzung mit Material und unterschiedlichen Medien entspringen. Die Anzüge, welche innerhalb dieses Prozesses entstehen, fungieren als eine Art Rezipient meiner Umgebung. Hierbei werde ich zur Trägerin des Bildes, welches im Raum (umher)wandert. Die Serie Suits_SMLXL (blue yellow pink rosa) darf in ihrer Fragilität angefasst, benutzt und angezogen werden. Die Oberfläche der Arbeit darf und soll dabei kaputt gehen, das (Anzugs-)Bild soll sich im Raum auflösen.

Text: Nadjana Mohr


Sangchul Lee

Installation (2021)
Schlafsack, Glasplatte, Holzplatte
je 90 × 47 × 194 cm, 50 × 52 × 173 cm, 74 × 50 × 194 cm

Meine Arbeit beginnt vor allem mit selbsterlebter Unsicherheit, Zeitlichkeit, sich
wiederholenden Implikationen des Alltags und privaten Reaktionen auf das Spektakel
der Gesellschaft. Danach konzentriere ich mich im Arbeitsprozess mehr auf die physikalischen Eigenschaften des Materials oder die Beziehung zwischen Material und Raum, um sicherzustellen, dass die Arbeit Neutralität erhält.

Ich suche die ihr eigene Präsenz in einem Kontext und versuche, sie festzuhalten um sie unter Berücksichtigung von Inhalt, Material und Raum der Arbeit angemessen zu präsentieren. Durch diesen Prozess finde ich den Moment, in dem ein Objekt frei von seinem ursprünglichen Zweck ist und den Kontext und die Bedeutung als Kunstwerk, nicht als Konsumgut erwirbt. Es folgt die Präsentation im Raum. Die Arbeit ´Ohne Titel´, ist eine Installation, die gewöhnliche Schlafsäcke mit Glasplatten kombiniert. Sie zeigt durch eine einfache Kombination der beiden Materialien kontrastreichere Materialeigenschaften wie Weichheit und Festigkeit, Transparenz und Lichtreflexion. Aber nicht nur das: der ans Glas gepresste Schlafsack offenbart auch eine bildhafte Persönlichkeit in einer Art transparentem Rahmen. Das Innenteil des Schlafsacks und andere Materialien außen, Nähdrähte und Reißverschlüsse werden vorübergehend zu bildhaften Elementen. Diese beiden Materialien sind auch kontrastierend, aber voneinander abhängig.

Der Schlafsack fungiert als Puffer zwischen Wand und Glas und das Glas hält nur mit seinem Gewicht die Form des Schlafsacks zusammen. Dieser Kontrast und diese Interdependenz kann auch als eine Art Metapher für die Gesellschaft und unser Leben verstanden werden. In einer riesigen Stadt finden wir leicht entfremdete und schwache Stellen zwischen den bunten und robusten Gebäuden. Die Arbeit selbst ist prekär, temporär, spezifisch und abstrakt.

Der Schlafsack ist ein kleiner Raum und enthält die Form des Körpers, so dass er wie eine Art Figur in der Arbeit aussehen kann. Eine besonders Interessante Situation ergibt sich in der Kirche als Ausstellungsraum, in der das Auge des Betrachters vom Anblick der Heiligenstatuen und – bildern geprägt ist.
Meine Arbeit soll nicht nur eine illustrative Form von Symbolen und Metaphern bleiben. Ich hoffe, sie wird einfach zugänglich, aber gleichzeitig von verschiedenen Fragen begleitet sein.

Text: Sangchul Lee


Oscar Lebeck

Fotoarbeit / Serie (2020/21)
Pigmentdruck / Archival Pigmentprint
42 × 56 cm

Ein schlichter, halbtransparenter Würfel, aufsteigender Rauch, ausgeleuchtete Aufnahmen von Grundmauern. Ein verlassener Ort, fast schon geisterhafte Stimmung, als würde man durch ein Nachtsichtgerät gucken. Weitere sonderbare Kuben inmitten menschenleerer Landschaften. Dann eine taghelle Wiese, wieder diese Fundamente und eine Wolkendecke, die direkt darüber zu schweben scheint.

Für seine Arbeit „Cella“ sucht Oscar Lebeck die ehemaligen Tempelstätten auf. Er ehrt die Tradition der Orte, umläuft die Cella von außen und fotografiert sie. Durch die Verbindung von zwei Bildschichten integriert er nachträglich durchsichtige Volumenmodelle des geschlossenen Kultraums, von dem niemand genau sagen kann, wie er ausgesehen hat. Ähnlich dem denkmalpflegerischen Reproduktionsprozess unterbreitet Lebeck einen Vorschlag, unterzieht den Grundmauern mit seinen Modellen einer Schichtung. Denn auch die aufgemauerten Fundamente sind stets nur eine Interpretation, welche uns in Form des archäologischen Verwertungsbedürfnisses erscheint. Was die von ihm konstruierten Körper hervorheben, ist eine subtile Umsetzung dieser Methodik. Durch seine künstlerische Annäherung zeigt der Künstler, was einmal war und betont gleichzeitig, was nicht mehr ist.

Text: Oscar Lebeck


Viktoria Kurnicki

Installation (2021)
Quarzsand, Zement, Styropor, Metallrohre, Polyesterzeichenfolie, Permanentmarker, Spiegel
5 × 4 × 0,9 m

Sprache und Kommunikation sind ein vulnerables Feld, da Gedachtes und Gesagtes nicht immer übereinstimmen, geschweige denn der Annahme, das Gesagte käme so an, wie der Sender es meinte. Die Basis meiner Arbeit jedoch liegt in der Frage, ob (m)eine Arbeit immer nur ein Kompromiss des ursprünglichen Gedankensist. Dies bezieht sich demnach auf die soziale Sender-Empfänger-Beziehung, als auch auf die interne Beziehung zwischen dem Gedanken und dessen Ausdruck.

Auf ganz persönlicher Ebene liegt die Verbindung zum Thema der Ausschreibung darin, dass ich meine Arbeit auf Deutsch verfasst habe. Ich bin als Kind polnischer Eltern in Deutschland großgeworden und habe viele soziale Ängste entwickelt. Mit der Zeit habe ich jedoch bemerkt, dass die meisten meiner Ängste sich hauptsächlich auf die deutsche Sprache beschränken, so als seien diese mit mir auf Deutsch großgeworden. Infolgedessen, war es ein emotional aufreibendes Erlebnis, diese Arbeit auszustellen und sich darauf einzulassen, dass ich mich so entblößt betrachten lasse.
Jedoch ist auch das ein Teil der Arbeit. Immer nur eine Annäherung lädt Betrachtende dazu ein, sich durch die Haltung mit gesenktem Kopf – den Blick in die Spiegel auf den Betonfundamenten gerichtet – auf ein ganz persönliches Eintauchen in fremde Gedanken einzulassen. Durch die Art und Weise der Hängung ist das bruchstückhafte Erahnen des Textes nur durch Bewegung möglich. Die Betrachtenden sind dazu angehalten, von verschiedenen Perspektiven, verschiedene Inhalte auszumachen und einer der intimsten Momente, ist jener, in der eben der Blick in den Spiegel – somit auf sich selbst – und die Worte fällt, die an dieser Stelle erst durch die Spiegelung lesbar werden.

Der Inhalt des Textes erwähnt persönliche Äußerungen zu der Bedeutung von Material, Herangehensweisen an Prozesse innerhalb der Kunst, Scham und andere Gedanken. Es ist irrelevant, den Text chronologisch zu lesen oder ihn gar zu verstehen. Beim Schreiben habe ich versucht, nahe am Gedanken selbst zu bleiben, ohne größere Korrekturen vorzunehmen, sondern von Impuls zu Impuls zu springen. Der Text steht symbolisch als Gedankenmasse, aus der schließlich das Werk entstand.

Text: Viktoria Kurnicki


Michael Kranz

Kurzfilm (90 sec) (2018)

Die Zeiten, in denen man im öffentlichen Raum schutzlos fremden oder armen Menschen ausgesetzt ist, sind vorbei: joyFence von myBorder, eine Art persönliche Grenzmauer – praktisch und mobil für den alltäglichen Gebrauch, bietet Schutz. Das Produkt, auf das die Welt gewartet hat.

Text: Michael Kranz


Frederic Klamt

Videocollage (20 min) (2021)

Scratchface RETURNS erzählt die Geschichte der titelgebenden Figur Scratchface. Die entstandene Filmwelt ist in vielen Bereichen deckungsgleich mit unserer Welt, aber hier und da gibt es Unstimmigkeiten im Abgleich mit der Wahrnehmung der Welt, wie wir sie täglich erleben. Anhand der Figur Scratchface wird das Publikum durch mehrere Abschnitte, Lebensphasen, Themen und Problemstellungen geführt. Disziplin und Ordnung werden gelehrt. Gesellschaftliche Einflüsse und innere Zwänge werden erfahren. Harmonie und Rebellion werden gelebt. Liebe und Freude gehören ebenso in die Flut der Eindrücke wie Gewalt und Leid. Jeder Einfluss hinterlässt eine Kerbe, eine Spur, eine Wunde im Gesicht der Menschheit. Die Verletzlichkeit der Schöpfung wird symbolisiert und gipfelt im Tod. Durch die Aufopferung Scratchface und seiner/ihrer metaphorischen Auferstehung wird die Stärkung eines jeden Individuums, gar die Verbreitung seines Daseins, deutlich.

Die Existenz von Scratchface erzeugt ein Paradoxon. Einerseits fungiert das Zerkratzen des Gesichts als Anonymisierung der Person und weist auf die Anonymität der Menschen in der heutigen Gesellschaft hin. Andererseits dient es der Individualisierung, macht Scratchface als solche(n) erst erkennbar beziehungsweise lebendig und macht ihn/sie sogar zu etwas Erhabenem.

Auf gestalterischer Ebene ist das Zerkratzen der bewusste Eingriff durch den Künstler und eine Art Stempel des Schöpfungsprozesses. Bezüglich des Filmmaterials ist der Kratzprozess gewaltvoll, denn er zerstört es und bietet so Grundlage zur Auferstehung aus den Lehren des analogen Zeitalters.

Scratchface RETURNS wird durch einen Recyclingprozess der Lehrfilmrollen in einer freien Struktur erzählt. Diese Struktur ermöglicht einen großen Freiraum für die Gedanken des Publikums. Jede Person erfährt andere Assoziationen zwischen Bildern und Tönen. Ästhetik und Antiästhetik in einem Werk vereint zeigen die Paradigmen der heutigen Welt und regen die Zuschauer*innen dazu an, diese mit ihren eigenen Erfahrungen wahrzunehmen, ihre eigene Identität und die gesellschaftlichen Einflüsse miteinander abzugleichen. Der Grundton ist stets der gleiche, doch die persönliche Erfahrung des Films ist für jede Person individuell. Die zerbrechliche Filmstruktur erfordert ein aktives Filmerlebnis und steht somit als Gegenpol zum aktuellen Immersionskino großer Produktionen.

Text: Frederic Klamt


Emese Kazár

Gemälde (2020)
Öl auf Leinwand
190 × 360 cm

Mit ihrem Gemälde Beweinung verhandelt Emese Kazár das Thema der Verletzlichkeit mit den Mitteln der Malerei und aus der christlichen Bildtradition heraus. Sie zitiert ein bekanntes Bildmotiv der christlichen Ikonografie – das vom Spätmittelalter bis zum Barock vielfach dargestellte Motiv des vom Kreuz abgenommenen und beweinten Christus, die Beweinung Christi – und interpretiert diese zeitgenössisch neu.

Kazárs Bildmotiv leitet sich aus dem gleichnamigen Gemälde des italienischen Malers Andrea Mantegna (1431-1506) ab und stellt einen Bezug zur christlichen Altarbildtradition her. Aus dem Gemälde des Renaissance-Meisters hat die Künstlerin lediglich einen kleinen Ausschnitt entliehen und diesen bis ins Überdimensionale vergrößert: den durch ein Leichentuch verhüllten Lendenbereich Jesu. Eines der gewaltigsten Ereignisse der Glaubens- und Kulturgeschichte der Menschheit – die Kreuzigung Christi – wird hier ohne die Darstellung von Blut, ohne die Abbildung von Folter- und Tötungsinstrumenten, ohne den Einbezug des Leids der Trauernden spürbar gemacht. Der Fokus auf den verletzlichsten Körperteil des Menschen Jesus erinnert uns an die Verwundbarkeit allen menschlichen Seins.

Das Format und die Größe des Werkes muten an wie ein großformatiges Altarretabel. Die Seitenflügel können jedoch nicht geschlossen werden. Der Tradition der Flügelaltare widerspricht auch die Tatsache, dass sich das einzelne Bildmotiv über alle drei Teile des Triptychons erstreckt. Die extreme perspektivische Verkürzung der Darstellung des Leichnams in Mantegnas Original wird in Kazárs Gemälde zu einem Changieren zwischen Zweidimensionalität und Räumlichkeit. Das Bild bleibt in der Schwebe zwischen Abstraktion und Figuration und ermöglicht einen distanzierten Blick auf die Szene, auf die es durch den kunsthistorischen Bezug verweist.

Text: Emese Kazár


Maik Gräf

Fotoarbeit (Serie) (2018-2021)
analoge/digitale Fotografien, Silbergelatineabzüge und C-Prints

Seit 2017 beschäftigt sich meine fotografisch-künstlerische Arbeit mit den Themen queerer Subjektivität, Empfindsamkeit und Melancholie. Die Arbeiten bilden untereinander ein Netz und sind über ihren emotional-subjektiven Zugang miteinander verknüpft und sprechen von Themen körperlicher und emotionaler Empfindung. Mein Ziel ist es, in den Betrachtenden ein Gefühl hervorzurufen und ebenfalls über die Verwendung des Materials den Aspekt Verletzbarkeit zu transportieren. Basierend auf dem Verständnis von Fotografie als sensiblem Medium, bilden die empfindlichen Oberflächen der analogen Fotografie die Arbeitsgrundlage, die für mich ebenso angreifbar sind wie die menschliche Haut. Mitunter arbeite ich mit veraltetem fotografischen Material, welches ungeplant reagiert und eine Ästhetik der Imperfektion entstehen lässt. Trotz der technischen Raffinesse des Mediums Fotografie, versuche ich immer eine gewisse Handschrift, die Geste meiner Hand, einzubringen, welche mehr als ein rein technischer Abzug ebenfalls Ideen und Elemente von Malerei und Bildhauerei in sich vereint. Durch die Handhabung in der Dunkelkammer, mittels Lichteinschlüsse oder Solarisationen, entstehen malerische Effekte, besondere Farben und Papieroberflächen.

Meine poetisch-sensiblen Bildwelten stellen sich entwaffnend dar und wollen das Gegenüber berühren, angreifen, einen Stich und eine Wunde hinterlassen, ganz im Sinne von Roland Barthes berühmter Theorie des ‚punctums‘. Die höchst empfindsame Fototheorie von Roland Barthes übertrage ich auf die Ebene queerer Empfindsamkeit und melancholischer Weltanschauung.

Text: Maik Gräf


Eva Gentner

aus der Serie Boobs (2021)
Gemälde, Öl auf Leinwand
33 × 23 × 5 cm

o.T., 2021
Digitaldruck auf transparenter Seide, Stahlnägel, Magnete
(Edition 1/6), ca. 123 × 90 cm

“Die beiden eingereichten Arbeiten sind während meines Stipendienaufenthalts an der Cité internationale des arts in Paris im vergangenen Winter entstanden. In meinen ersten Wochen in Paris waren auf Grund eines ‘harten Lockdowns’ Kirchen die einzigen öffentlich zugänglichen Räume. Daraufhin habe ich in den Wintermonaten zahlreiche Spaziergänge von Kirche zu Kirche unternommen. In den meisten Fällen habe ich die – normalerweise von Touristen überfüllten – Räume leer aufgefunden.

Aus diesem Eindruck heraus sind zwei Kunstwerke entstanden: ein auf transparenter Seide gedruckter Fotoprint einer Nische (der Kirche Saint-Julien-le-Pauvre) und ein
kleines Ölgemälde einer weiblichen Brust. Die dargestellte Nische im Kircheninnenraum diente der privaten Andacht oder kleiner Heiligenkulte und wird heute nicht mehr genutzt. Die weibliche Brust bezieht sich auf das Bildmotiv der „Maria lactans“: die einzelne weibliche Brust steht in der christlichen Symbolik hier für die Heilsuche und Erlösung, die stillende Gottesmutter als Fürbitterin und die Gabe von Muttermilch als Vermittlung der Lehre Gottes. Die Rezeption/Auffassung von Weiblichkeit fern eines sexuellen Kontexts sowie der Möglichkeitsräume der privaten Andacht sind wieder großer Teil unserer aktuellen gesellschaftlichen Debatten geworden.

Als besonders „vulnerabel“ scheinen mir in diesem Kontext diese beiden christlichen, bereits vor Jahrhunderten geschaffenen, jedoch heute in Vergessenheit geratenen Formen.”

Text: Eva Gentner