Museum

Konzeption

Im Frühjahr und Sommer 1938, nach der Wahlenthaltung Sprolls, belagerten nationalsozialistische Gruppierungen das Palais, warfen Steine durch die Fenster und schmierten Hetzparolen auf den Bürgersteig. Über Wochen gab es lautstarke Kundgebungen vor dem Palais, die die Vertreibung, Abberufung oder den Rücktritt des Bischofs forderten. Am 23. Juli 1938 wurde die Pforte aufgebrochen und die Wohnung Sprolls gestürmt und verwüstet. Die historische Pforte und das Foyer verweisen damit selbst auf die – auch unmittelbar physische – Verfolgung Sprolls.

Die Besucher erwartet eine moderne Erschließung der Lebensstationen Sprolls, aber auch des politischen Kontextes, in dem er sich bewegte. Eine eindrückliche, mediale Präsentation sowie Objekte und Zitate lassen das Leben des Bischofs und sein Engagement gegen den Nationalsozialismus anschaulich werden. Die präsentierten, originalen Treuebekenntnisse von Katholikinnen und Katholiken aus der Diözese bringen die Solidarität der Gläubigen zum Ausdruck und verdeutlichen, wie sehr die Geschichte Bischof Sprolls die Geschichte einer ganzen Diözese ist. Die Ausstellung ist auch für Kinder, Jugendliche und Schulklassen anschaulich gestaltet.

Konzeption: Diözesanarchiv und Diözesanmuseum Rottenburg

Architekten: von Jacobs, Ausstellungsgestaltung – Innenarchitektur, Marina von Jacobs – Dipl.-Ing. (FH) Innenarchitektur, Stuttgart

Fertigstellung: 2020

Team

Diözesankonservatorin Dr. phil. Melanie Prange

Leitung
T: 07472 922-180
museum@bo.drs.de

Zur Person
Hildegard Weidenauer

Sekretariat
T: 07472 922-180
hweidenauer@bo.drs.de

Dr. Herbert Aderbauer

Kooperationspartner im Diözesanarchiv Rottenburg

Diözesanarchiv
Oliver Göbel

Kooperationspartner im Diözesanarchiv Rottenburg

Publikationen

Weitere Publikationen

Paul Kopf, Joannes Baptista Sproll, Leben und Wirken. Zum 50. Jahrestag der Vertreibung des Rottenburger Bischofs am 24. August 1938, Sigmaringen 1988.

Hubert Wolf, Die Affäre Sproll. Die Rottenburger Bischofswahl von 1926/27 und ihre Hintergründe, Sigmaringen 2009.
Geschichtsverein der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Um seines Gewissens willen: Bischof Johannes Baptista Sproll zum 60. Todestag, Ostfildern 2010.

Dominik Burkard, Joannes Baptista Sproll. Bischof im Widerstand, Stuttgart 2013.

Sigrid Brüggemann, Die Verfolgung katholischer und evangelischer Geistlicher, in: Ingrid Bauz / Sigrid Brüggemann / Roland Maier (Hg.), Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 2013, S. 220–248.

Dominik Burkard, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg, in: Andreas Holzem / Wolfgang Zimmermann (Hg.), Geschichte der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Bd. 2, Ostfildern 2019, S. 148–381.

Andreas Holzem, Zusammenbruch und Aufbruch in die Moderne, in: Andreas Holzem / Wolfgang Zimmermann (Hg.), Geschichte der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Bd. 2, Ostfildern 2019, S. 384–540.

Presse

Pressefotos zum Download (nach dem Vergrößern mit rechter Maustaste das Bild speichern oder alle Bilder als ZIP-Archiv / 27MB laden).


Vermittlung

Führungen

Öffentliche Führungen

Termine für öffentliche Führungen werden noch veröffentlicht.

Anmeldung: erforderlich
Dauer: ca. 45 Minuten
Eintrittspreis: 3,50 EUR pro Person (Kinder bis 12 Jahre frei)
Treffpunkt: Bischöfliches Ordinariat, Sprollportal (gegenüber der „Brunnenstube“)

Individuelle Führungen

Führungstermine für Gruppen erhalten Sie auf Anfrage im Diözesanmuseum Rottenburg.

Eintrittspreis: 25,– EUR pro Person (Kinder bis 12 Jahren frei)

Die Räumlichkeiten im Ausstellungsbereich ermöglichen nur eine beschränkte Teilnehmerzahl von 15 Personen pro Führung.
Planen Sie bei größeren Gruppen bitte zwei Führungen ein.

Kontakt:
Diözesanmuseum Rottenburg, Fr. Weidenauer
Karmeliterstr. 9
72108 Rottenburg
Telefon: 07472 922180 /82
museum@bo.drs.de

Gruppentermin anfragen

Kinder und Jugendliche / Kita und Schule

Es finden regelmäßig Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche statt.

Gerne können Sie Führungen für Kinder oder Jugendliche mit verschiedenen Themenschwerpunkten buchen.

Eintrittspreis: 2,50 EUR pro Person (Kinder bis 12 Jahren frei)

Kontakt:
Diözesanmuseum Rottenburg, Fr. Weidenauer
Karmeliterstr. 9
72108 Rottenburg
Telefon: 07472 922180 /82

Führung anfragen

Besuch

Öffnungszeiten

Der Gedenkort ist während der Öffnungszeiten des Bischöflichen Ordinariats Rottenburg frei zugänglich.

Eintrittspreise

Eintritt: frei

Individuelle Führungen (bis 20 Personen):
25,– EUR Führungspauschale (Kinder bis 12 Jahren frei)

Schulen:
Führungen (max. 60 Minuten) frei

Rund um Ihren Besuch

Der Gedenkort ist mit einem Plattformlift barrierefrei zugänglich.
Sanitäre Anlagen sind im Gebäude vorhanden.

Anreise

Bischöfliches Ordinariat
Eugen Bolz Platz 1
72108 Rottenburg am Neckar

Anreise mit PKW und Parken:
Das Bischöfliche Ordinariat befindet sich in der Rottenburger Altstadt, angrenzend an den Eugen Bolz Platz. Parkplätze stehen in den umliegenden Parkhäusern zur Verfügung (Parkhaus Rathaus, Parkhaus Museum).

Anreise mit Öffentlichen Verkehrsmitteln:
Der Rottenburger Busbahnhof befindet sich direkt auf dem Eugen Bolz Platz vor dem Ordinariat.


Joannes Baptista Sproll

Vita

Herkunft und Werdegang

Joannes Baptista Sproll wurde am 2. Oktober 1870 in Schweinhausen bei Biberach geboren und wuchs in einfachen, bäuerlichen Verhältnissen auf. Sein Heimatpfarrer entdeckte seine Begabung und ermöglichte ihm den Besuch der Lateinschule. Nach dem Theologiestudium in Tübingen und der Priesterweihe wurde Sproll Lehrkraft am Tübinger Wilhelmsstift, anschließend Subregens im Priesterseminar Rottenburg.

1909 ging Sproll als Pfarrer nach Kirchen, bevor ihn Bischof Paul Wilhelm Keppler drei Jahre später ins Domkapitel berief. Im Folgejahr wurde Sproll Generalvikar, 1916 Weihbischof. Ab 1912 saß er als Vertreter des Domkapitels im Stuttgarter Landtag, 1919 wurde er als Vertreter der Zentrumspartei in die Verfassunggebende Landesversammlung gewählt. Nach dem Tod von Bischof Keppler wählte das Domkapitel Sproll 1927 zu dessen Nachfolger– in schwierigen Zeiten: Die Weltwirtschaftskrise am Ende der 1920er Jahre führte zu einem Erstarken extremistischer Parteien, den Kommunisten und den Nationalsozialisten. Mit seiner populären Volksnähe und seinem offenen Charakter setzte Sproll angesichts dieser Tendenzen ganz auf die Bewahrung des tradierten Glaubens.

Gegner des Nationalsozialismus und Verfolgung

Bereits 1931 verurteilte Bischof Sproll in einer Erklärung der südwestdeutschen Bischöfe den Nationalsozialismus als „mit der katholischen Lehre unvereinbar“. Nachdem Hitler 1933 auf legalem Weg Reichskanzler geworden war, erkannten die deutschen Bischöfe ihn als rechtmäßige Obrigkeit an.

Ab Sommer 1934 exponierte sich Sproll als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Er wandte sich öffentlich in Predigten gegen zentrale Inhalte der NS-Ideologie, gegen die Vergötzung von Rasse und Blut und deutsch-völkische Tendenzen. Die Auseinandersetzungen erfuhren ab April 1938 eine dramatische Zuspitzung. Bischof Sproll setzte ein öffentliches Zeichen der Verweigerung, indem er sich nicht an der Wahl über den bereits vollzogenen Anschluss Österreichs an das Reich beteiligte, um nicht gleichzeitig Nationalsozialsten in den Reichstag wählen zu müssen. Die Nationalsozialisten reagierten mit einer Welle von inszenierten, angeblich aus spontanem Volkszorn entstandenen Demonstrationen und Ausschreitungen.

Verbannung und Exil

Die Versuche der Nationalsozialisten, Sproll zu einem „freiwilligen“ Amtsverzicht zu bewegen, scheiterten: Er ließ sich von den Ausschreitungen nicht einschüchtern. Zudem solidarisierten sich Teile der katholischen Bevölkerung mit dem Verfolgten, der als mutiger „Bekennerbischof“ wahrgenommen wurde. Schließlich wurde der Bischof aus seiner Diözese verbannt. Im September 1938 fand Sproll in der Benediktinerabtei St. Ottilien in der Diözese Augsburg Zuflucht. Aufgrund der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wechselte er Anfang 1941 ins Heilbad Krumbad.
Auch im Exil nahm Sproll – soweit möglich – sein Amt als Rottenburger Diözesanbischof wahr. Er verfasste Hirtenbriefe und blieb im Kontakt mit dem Domkapitel. 1943 vollzog er von Krumbad aus die auf große Resonanz stoßende Weihe der Diözese an Maria.

Heimkehr und Tod

Erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zusammenbruch des NS-Regimes wurde der Weg frei für die Heimkehr des Bischofs. An der Rückkehrfeier am 14. Juni 1945 und seinem 50. Priesterjubiläum nahmen Tausende Gläubige teil. Trotz seiner Krankheit besuchte Sproll in den folgenden Jahren viele Pfarreien in der ganzen Diözese. Das Bild des von Krankheit und Exil gezeichneten Bischofs, der wegen seiner Lähmung auf einem Stuhl durch die Menge getragen werden musste, prägte sich ins kollektive Gedächtnis ein.

Sproll betonte die Bereitschaft zur Versöhnung. Sein Wirken galt den in die Zukunft weisenden Aufgaben, dem Wiederaufbau nach den Zerstörungen, der christlich-karitativen Bewältigung der wirtschaftlichen und seelischen Not und der Integration der Heimatvertriebenen. Er starb am 4. März 1949.

Nachwirkung und Rezeption

Joannes Baptista Sproll hat sich als entschiedener, mutig die öffentliche Konfrontation suchender Gegner des Nationalsozialismus profiliert und exponiert. Gegen keinen anderen deutschen Bischof gingen die Nationalsozialisten derart massiv vor. Während andere, dem Widerstand zuzurechnende Bischöfe wie der Münsteraner Bischof von Galen oder der Berliner Bischof von Preysing 1946 zu Kardinälen erhoben wurden, blieb Sproll diese Ehre verwehrt. Zwar war der Rottenburger Bischof nach seiner Rückkehr und in Nachrufen nach seinem Tod als ‚Bekennerbischof‘ geehrt worden. Außerhalb der Diözese wurden seine mutige Haltung und sein Schicksal jedoch lange Zeit nur wenig beachtet.

Die jüngere Forschung beachtet Sproll wieder mehr und stärker im Kontext des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. 2011 leitete die Diözese Rottenburg ein Seligsprechungsverfahren für ihn ein.


Willkommen im Bischof-Sproll-Gedenkort

Der Gedenkort ist Teil des heutigen Bischöflichen Ordinariats Rottenburg. Historisch handelt es sich um das Foyer des Bischöflichen Palais, dem Wohn- und Arbeitsort der Rottenburger Bischöfe. Im Frühjahr und Sommer 1938, nach der Wahlenthaltung Sprolls, belagerten nationalsozialistische Gruppierungen das Palais, warfen Steine durch die Fenster und schmierten Hetzparolen auf den Bürgersteig. Über Wochen gab es lautstarke Kundgebungen vor dem Palais, die die Vertreibung, Abberufung oder den Rücktritt des Bischofs forderten.

Am 23. Juli 1938 wurde die Pforte aufgebrochen und die Wohnung Sprolls gestürmt und verwüstet. Die historische Pforte und das Foyer verweisen damit selbst auf die – auch unmittelbar physische – Verfolgung Sprolls.